In jener Zeit ging Jesus zum Ölberg

Joh 8, 1-11     Fastenzeit, 5. Woche Montag

 

In jener Zeit ging Jesus zum Ölberg. Am frühen Morgen begab er sich wieder in den Tempel. Alles Volk kam zu ihm. Er setzte sich und lehrte es. Da brachten die Schriftgelehrten und die Pharisäer eine Frau, die beim Ehebruch ertappt worden war. Sie stellten sie in die Mitte und sagten zu ihm: Meister, diese Frau wurde beim Ehebruch auf frischer Tat ertappt. Mose hat uns im Gesetz vorgeschrieben, solche Frauen zu steinigen. Nun, was sagst du? Mit dieser Frage wollten sie ihn auf die Probe stellen, um einen Grund zu haben, ihn zu verklagen. Jesus aber bückte sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde. Als sie hartnäckig weiterfragten, richtete er sich auf und sagte zu ihnen: Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie. Und er bückte sich wieder und schrieb auf die Erde. Als sie seine Antwort gehört hatten, ging einer nach dem Anderen fort, zuerst die Ältesten. Jesus blieb allein zurück mit der Frau, die noch in der Mitte stand. Er richtete sich auf und sagte zu ihr: Frau, wo sind sie geblieben? Hat dich keiner verurteilt? Sie antwortete: Keiner, Herr. Da sagte Jesus zu ihr: Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!

 

Jesus ging zum Ölberg. Leicht überlesen wir diesen Satz. Über Nacht war er Ölberg und ich stelle mir vor, wie er schon vor dem eigentlichen Kreuzweg eine bittere Leidensstunde durchlebte. Am Ende von Kapitel sieben haben wir gelesen: „Dann gingen alle nach Hause“. Jesus war also die ganze Nacht über alleine am Ölberg. Jesus durchlebte eine Nacht der Einsamkeit. Er zieht sich zurück an den Ort des späteren Leidens, die Leute waren alle nach Hause gegangen, Jesus blieb alleine zurück.

Adrienne von Speyr schreibt:Gemessen an seiner Aufgabe hat er nichts erreicht. Er hat ein paar Fischer um sich geschart, und in der Menge sind einige Fragen aufgetaucht. Die ganz Klugen sagen: Es muss ein Irrtum im Spiel sein, denn er stammt ja aus Galiläa. Und Nikodemus ist hingegangen, um die Schrift noch einmal zu prüfen.

Wenn man alles nüchtern überblickt, so sieht es wirklich nicht nach dem kommenden Christentum aus. Der Mensch in Christus ist tief enttäuscht. Er setzt da und dort an, versucht es auf diese und jene Weise, wirkt Wunder, steht Rede und Antwort, lehrt und bemüht sich, so gut er kann. Aber sein Erfolg ist besten­falls ein mittelmäßiger Menschenerfolg. Ein paar Jünger sind gewonnen, die aber nicht die Kraft des Geistes haben, weitere zu bekehren. Andere konnte er nicht berühren, sie gingen lau und gleichgültig von ihm fort. Die meisten hat er sich zu Feinden gemacht. So betrachtet der Herr auf dem Ölberg sein Werk. Die bittere Enttäuschung, die in ihm aufsteigt, ist der Vorbote des kommenden Leidens.“

 

Nun, die Nacht ging vorüber, es wurde wieder morgen und das Erste, was der Herr tat: Er ging in den Tempel zum Vater.

Welcher Trost auch für uns. Auch wir kennen Gedanken der Erfolgslosigkeit und die Nächte der Einsamkeit. Sie gehen alle vorüber, der nächste Morgen kommt, die Sonne geht wieder auf und der Himmelsvater wartet schon in der Kirche, um mich zu trösten.

 

Gott segne Sie
Edgar Wunsch, Pfr

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