Was Harry Potter mit der Schweigespirale in unserer Gesellschaft zu tun hat.

 

Weihnachten heilige Nacht, 2023 Steinegg und Mühlhausen

 

Große Teile der Predigt sind entnommen dem Buch: Ulrike Ackermann, Die neue Schweigespirale: wie die Politisierung der Wissenschaft unsere Freiheit einschränkt.

 

Dieser Tage hat mich jemand auf ein unwahrscheinlich spannendes Buch aufmerksam gemacht: die neue Schweigespirale: wie die Politisierung der Wissenschaft unsere Freiheit einschränkt. Ein Buch von Ulrike Ackermann.

Ich kann es Buch nur empfehlen, denn es deckt mit einer großen Klarheit die Mechanismen auf, wie eine Meinungsbildung in unserer Gesellschaft heute vorangetrieben wird.


Josef, ein Mann der leisen Töne.

Beginnen wir aber zuerst mit dem Evangelium, denn das ist wichtig. Beginnen wir mit dem heiligen Josef. Der heilige Josef bemerkt, dass seine geliebte Braut Maria schwanger ist. Das Kind ist nicht von ihm. Die öffentliche Meinung hat damals sofort gesagt: Das Kind ist unehelich, Maria muss gesteinigt werden. Die Schrift sagt aber ausdrücklich, dass Josef gerecht war, und dass Josef lange über dieses Problem nachdachte. Das Ergebnis dieses Prozesses war: Er kümmerte sich nicht um den Meinungsdruck der Öffentlichkeit, sondern nahm Maria zu sich. Der Mainstream war für ihn kein Maßstab. Für den heiligen Josef war wichtiger, was Gott von ihm wollte.

 

Umfrage aus Allensbach.

Das Institut für Demoskopie in Allensbach stellte in einer repräsentativen Umfrage über mehrere Jahrzehnte den Menschen die Frage, ob sie der Meinung sind, dass man in Deutschland seine eigene Meinung frei sagen darf. Es gab eine Umfrage im Jahr 1991 und eine 30 Jahre später, 2021.

 

„Darf man in unserem Land seine Meinung frei sagen.“

 

1991 gaben 78 % der Befragten an, dass sie ihre Meinung frei sagen könnten. 30 Jahre später, 2021, waren nur noch 45 % der Befragten der Meinung, man könne sich frei äußern. 44 % waren der Meinung, es sei besser, vorsichtig zu sein. Ich habe den Eindruck, dass wir heute eine Tendenz in unserer Gesellschaft haben, dass Menschen sich immer weniger trauen, ihre eigene Meinung zu sagen. Immer mehr Menschen gleichen ihre eigene Meinung mit der wahrgenommenen öffentlichen Meinung ab und im Falle einer vermuteten Abweichung verschweigen sie, was sie denken oder passen ihre Überzeugung der öffentlichen Meinung an.

 

Eine Schweigespirale entsteht.

Es entwickelt sich eine Schweigespirale, in welcher immer weniger Menschen offen sagen, was sie denken. Wenn Anhänger einer Position eingeschüchtert verstummen, wird diese Meinung im öffentlichen Raum weniger sichtbar, die Zahl ihrer Anhänger erscheint kleiner, als sie tatsächlich ist. Andere Anhänger dieser Position finden dadurch weniger Bestätigung und werden ihrerseits zum Schweigen gebracht. Die Vertreter der Gegenposition sehen sich dagegen immer weniger Widerspruch ausgesetzt, werden immer selbstbewusster und lauter. So stecken sich die einen gegenseitig zum Schweigen an, die anderen zum Reden. Ein Spiralprozess setzt ein, der im Extremfall dazu führen kann, dass das eine Meinungslager fast ganz aus der Öffentlichkeit verschwindet und das andere das Meinungsklima gänzlich dominiert.

 

Wer die Kontrolle über diesen Mechanismus gewinnt, erhält eine bedeutende Machtposition, denn eine Meinung, die in der Öffentlichkeit im Hintertreffen ist, wird auf Dauer schwächer. Wer nur laut genug schreit, wird Anhänger finden und kann das Meinungsklima verändern.

 

Wir müssen sehr aufpassen, dass es lautstarken Minderheiten nicht gelingt, Diskussionen zu dominieren und die Grenzen des Sagbaren enger zu ziehen?

Wir müssen aufpassen, dass nicht nur derjenige, der laut genug schreit, Anhänger findet und das Meinungsklima verändert.

 

Ein Beispiel von vielen.

Im Jahr 2016 wurde der Redaktion des ZDF-Magazins „Frontal 21“ ein Strategiepapier russischer „Berater“ zugespielt. Darin hieß es: „Es sollen Aktivistengruppen für Internetkommentare in Blogs, Foren und sozialen Netzwerken aufgestellt werden […] aufgrund der Intensität ihrer Arbeit wird der Eindruck erweckt, die Mehrheit denkt so.

Es ist eine kurze, aber präzise Gebrauchsanweisung zur Irreführung der Bürger und zeigt die Raffinesse und Rücksichtslosigkeit, mit der Akteure versuchen, die Meinungsbildung der Gesellschaft über das Internet zu manipulieren. 

 

Ein weiteres Beispiel, oder was Harry Potter mit der Schweigespirale zu tun hat.

Ein regelrechter Kampf hat sich mittlerweile auch in der Deutungshoheit der Genderideologie entwickelt. Frappierend ist, wie einflussreich diese zahlenmäßig kleinen Gruppen der LGBTQI-Community in der Gesellschaft geworden sind, und wie selbstbewusst bis militant sie ihre ihr Anliegen als Minderheiten versuchen durchsetzen.

 

Spektakulär war der Sturm der Entrüstung gegen die Schriftstellerin Joanne K. Rowling, die mit ihren Harry-Potter-Romanen weltweit berühmt wurde. Vor drei Jahren hat sie einen Kriminalroman herausgegeben - Trouble Blood. Sie hatte es gewagt, am biologischen Geschlecht von Mann und Frau als eine Tatsache festzuhalten. Allein diese Bemerkung bescherte ihr mehrere Shitstorms und ihr wurde Transphobie und Rassismus vorgeworfen.

 

Was mir missfällt, ist das ständige laute Geschrei.

Wenn es so ist und wird, dass eine Minderheit von Besserwisser in aufgeregter Sprache und aggressivem Ton für ihre Interessen kämpft und Meinungen dominiert, dann wird der Schweigespirale enormen Vorschub geleistet.

Was mir missfällt, ist das ständige laute Geschrei, das jeden leisen Ton unmittelbar und fast völlig übertönt, sodass kein Zwischenton mehr hörbar ist, geschweige denn zugelassen wird.

Die besten Ideen werden geboren, wenn ohne Angst, das Falsche zu sagen, diskutiert wird. Wenn nicht jedem, der im besten Sinne des Wortes „quer“ denkt, sogleich schlechte Absichten unterstellt werden. „Leise Menschen, leise Freundschaften, stille Worte, stille Zeichen übertönen lautstarkes Gerede oder lautstarkes Getue und überdauern die Kurzlebigkeit großer Versprechungen, leerer Gesten.“ (Margot Bickel)

 

Josef, ein Mann der leisen Töne.

Kommen wir an diesem Punkt wieder zurück zum Evangelium und zum heiligen Josef, der Jesus als seinen Pflegesohn angenommen hat. Josef war ein Mann der leisen Worte und der stillen Gesten, und darum war er auch in der Lage, Gottes Botschaft zu hören. Und diese lautet: Der Retter ist uns geboren. Auch Gott kommt nicht mit Pomp und lautem Trara daher, sondern still und unscheinbar als ein Kind in der Krippe.

Liebe Zuhörer, ich weiß nicht, mit welcher Gefühlstemperatur sie Weihnachten feiern, aber ich wünsche Ihnen, dass sie die leisen Töne Gottes hören, denn sie wünschen der Welt Frieden. Und Frieden, das braucht nicht nur die Welt, in denen es an allen Enden donnert und kracht. Frieden, das braucht auch ihre Familie und ihr eigenes Herz.

Liebe Zuhörer, ich wünsche Ihnen heute nichts Anderes als den Frieden Gottes für Sie selbst, aber auch für ihre Lieben.

 

Edgar Wunsch, Pfr

 

 

Kommentare

  1. Danke, lieber Herr Pfarrer Wunsch. Genau das brauche ich heute für meine immer größer werdende Familie mit verschiedenen "Glaubens"-Richtungen als Bestärkung für mich selbst! Gesegnete Weihnachten 🎄

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