Es werden aber Tage kommen, da wird ihnen der Bräutigam genommen sein; dann werden sie fasten.
Freitag nach Aschermittwoch Mt 9, 14-15
In jener Zeit kamen die Jünger Johannes‘ des Täufers zu Jesus und
sagten: Warum fasten deine Jünger nicht, während wir und die Pharisäer fasten?
Jesus antwortete ihnen: Können denn die Hochzeitsgäste trauern, solange der
Bräutigam bei ihnen ist? Es werden aber Tage kommen, da wird ihnen der
Bräutigam genommen sein; dann werden sie fasten.
An einem Freitag soll man kein Fleisch
essen. Das haben wir vielleicht alle irgendeinmal gelernt. Ich bin der Meinung,
dass dieses Gebot heute seinen Sinn verloren hat. Der Verzicht auf Fleisch ist
heute längst kein Verzicht mehr. Ein Fisch oder eine leckere Mehlspeise ersetzt
locker ein Schnitzel oder eine Bratwurst und ist somit alles andere als Fasten.
Sinnvoll ist es, an diesem Tag einfach auf eine Mahlzeit ganz zu verzichten,
oder so, wie es in Medjugorje praktiziert wird, nur Brot und Wasser zu sich zu
nehmen.
Aber warum soll ich überhaupt fasten?
Bücher wurden über diese Frage geschrieben.
Weniger
ist vielleicht mehr
Ein wichtiger Grund für mich ist, dass
ich durch das Fasten merke, dass ich all die vielen Dinge um mich herum
eigentlich nicht brauche. Ich verzichte auf eine Speise und merke am nächsten
Tag: Hoppla, ich lebe immer noch. Ich lasse das Fernsehgerät aus und merke am
Morgen: Ich habe trotzdem gut geschlafen.
Fasten
ist Einübung
Durch das Fasten kann ich mich in
guten Tagen einüben, auf etwas zu verzichten oder mit weniger auszukommen.
Kommen dann einmal schlechte Tage, eine Krankheit, eine Not, dann ist der
Verzicht kein Weltuntergang und keine Minderung meiner Lebensqualität, sondern
etwas, von dem ich aus der Erfahrung weiß, dass ich dies gut in mein Leben
integrieren kann.
Fasten
ist ein Freiheitstest
Fasten ist auch so etwas wie ein
Freiheitstest. Bin ich wirklich noch frei von all dem, an das ich mich gewöhnt
habe: Das tägliche Glas Rotwein, die Brötchen am Sonntagmorgen, das
Fernsehgerät am Abend … Durch das Fasten
merke ich, dass ich glücklich sein kann auch ohne die vermeintlichen
Glücksbringer um mich herum?
Durch
Fasten gewinne ich einen anderen Blick auf mich
Durch das Fasten verlasse ich die
gewohnten Pfade. Ich breche mit den leisen Gewohnheiten die sich in mein Leben
eingeschlichen haben. Ich mache etwas anders als sonst und lerne mich damit neu
kennen. Was wäre, wenn ich einmal nicht ….? Wie würde es mir gehen, wenn ich
einmal …. ? Das Fasten ist auch eine Abenteuerreise in das eigene ich. Ich
breche mit den alten Gewohnheiten und merke plötzlich, dass der Tagesablauf
sich verschiebt. Plötzlich habe ich eine Stunde Zeit wo früher Hetze war.
Fasten
ist ein Schritt auf die Seite
Ich breche aus dem Hamsterrad der
Routine aus und wage einen kleinen Schritt zur Seite. Ich mache nicht mehr
alles mit. Die Welt dreht sich weiter, auch wenn ich nicht von Termin zu Termin
hetze. Ich mache einen Schritt zur Seite und nehme mir Zeit, Zeit für meine
Familie, Zeit für mich und Zeit für Gott. Wenn es gelingt, dann ist das Fasten
kein Verzicht, sondern eine Explosion meiner Lebensqualität. Ich möchte dann
gar nicht mehr in die alte Gewohnheit zurück, sondern genieße einfach nur die
neue Freiheit.
Gott segne sehe,
Edgar Wunsch, Pfarrer
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