Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen

 

Mt 5, 43-48      Samstag, 1. Fastenwoche

 

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters im Himmel werdet; denn er lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten, und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten? Tun das nicht auch die Zöllner? Und wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr damit Besonderes? Tun das nicht auch die Heiden? Ihr sollt also vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist.

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Das heutige Evangelium ist, wenn man es für sich betrachtet, eine reine Provokation. Ich höre die Nachrichten über den Krieg in der Ukraine und sehe die Bilder der Gräueltaten im Fernsehen. Und dann lese ich: Liebt eure Feinde! Betet für die, die euch verfolgen! Sicher, ich kann für jene ein Vater unser beten, die mit Bomben in Kinderzimmer zielen. Ich kann beten, dass sie Gottes Gnadenstrahl trifft und sie ihr Teufelswerk beenden. Aber kann ich sie auch lieben?

 

Wir müssen bedenken, dass das heutige Evangelium nur ein kleiner Ausschnitt aus der Bergpredigt ist. Jesus spricht nicht zu den Juden, die in verfolgen oder zu den römischen Soldaten, die ihn geißeln und kreuzigen werden. Er spricht nicht zu den Hohenpriestern, nicht zu Pilatus und nicht zu Herodes, die ihn später verurteilen. Jesus spricht also nicht zu seinen Feinden, sondern er spricht zu seinem eigenen Volk.

 

Die Bergpredigt gilt dem Volk Gottes. Die Bergpredigt gilt zunächst den Juden, dann aber auch uns, den Christen. Die Christen unter sich sollen eine Kontrastgesellschaft gegenüber der Welt bilden. Die Christen unter sich sollen nicht zulassen, dass der Hass gegenüber der Liebe gewinnt.

 

In der Welt geht man auf Eroberungskriege, tötet und zerstört. Es wäre töricht, den russischen Aggressoren mit Palmzweiglein in den Händen entgegenzulaufen, um ihnen die andere Wange auch noch hinzuhalten. Die Sanktionsmaßnahmen der westlichen Länder gegenüber Russland finde ich gut und richtig. Hier darf man die Schraube schon recht anziehen, auch dann, wenn diese Maßnahmen uns selbst Nachteile bringen.

 

Unter den Christen dagegen sollte ein anderes Klima herrschen, ein Klima der Liebe. Ein Klima, in dem man nicht droht. Ein Miteinander, in dem man nicht verurteilt und nicht ablehnt. Das wird nur gehen, wenn wir zwar in der Welt leben, aber innerhalb der Welt eine kleine Kontrastgesellschaft bilden, die andere Wertmaßstäbe als die Welt um sie herum besitzt.


Dies meint
Edgar Wunsch, Pfr



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