Kalkutta abstoßend und faszinierend
Für ein paar Tage darf ich in Kalkutta sein. Die gute Schwester Angela begleitet mich auf einem ersten Gang durch die Straßen. Der Fahrer der St. Anne School bringt uns zur Metro Dum Dum. Hunderte von Menschen stehen an um eine Karte zu kaufen, das Gedränge ist unglaublich. Ich bin dankbar, dass mir die Schwester hilft in der richtigen Schlange anzustehen. Wir fahren bis zur Station Mahatma Gandhi und von dort mit einem klapprigen Bus über die Howrah Bridge. Kalkutta liegt nicht am Ganges, sondern am Hugli Fluss. Am Busbahnhof auf der anderen Flussseite steigen wir aus und gehen die rd 700 Meter über die Brücke wieder zurück.
Der Blumenmarkt ist eine Pracht und die
vielen Street Food Stände verlockend. Die Düfte sind gigantisch, aber ich
erschrecke auch über die hygienischen Verhältnisse und lasse dann doch die Finger
von den sicher leckeren Gerichten. Ein Taxi hilft, die zwei Kilometer bis zum
Maiden Park zu überwinden. Zu Fuß geht es weiter, vorbei am Ranji Stadium und
unzähligen Märkten bis zum Victoria Memorial. Meine Kraft ist hier zu Ende. Die
Hitze und die umtriebige Stadt fordern meine letzten Reserven. Mit der Metro
zurück zu Dum Dum und von dort mit einem alten Klappertaxi die 50 Kilometer
wieder zurück zur St. Annes School. Ich möchte lieber nicht wissen, welches
Lager am Fahrwerk der alten Karosse noch funktioniert. Ich sehe an den
Lenkbewegungen des Fahrers, dass mindestens das Lenkgetriebe eine Menge Spiel
hat.
Kalkutta ist eine faszinierende, aber zugleich auch
abstoßende Stadt. Auf der einen Seite ist es, wenn man die Gemüse und
Blumenmärkte durchstreift, eine Farbenexplosion für die Augen und eine Wohltat
für die Nase. Gewürze,- Räucherstäbchen und Zitronendüfte wechseln einander ab.
Einen Meter weiter steigt einem aber auch schon wieder der Gestank einer
Millionenstadt unangenehm in die Nase. Ich könnte stundenlang an einer
Straßenkreuzung stehen und die Menschen beobachten. Es sind faszinierende
Gesichter, in die ich im Vorübergehen blicken darf, die meisten nicken mir bei
einem Blickkontakt freundlich zu.
Der Lärm in der Stadt ist unbeschreiblich. Zu dem
Motorenlärm der alten Busse und gelben Taxis aus der Zeit der Britten mischt
sich ein Hupkonzert, das seinesgleichen in der Welt sucht. Die Straßenregel
lauten: Der größte und der frechste Fahrer gewinnt. Auf der Strecke bleiben die
Rikschafahrer, die zentnerschwere Lasten mit Muskelkraft durch die überquellenden
Straßen bewegen müssen.
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