Er konnte richtig reden

Mk 7, 31-37  -  Freitag, 5. Woche

In jener Zeit verließ Jesus das Gebiet von Tyrus wieder und kam über Sidon an den See von Galiläa, mitten in das Gebiet der Dekapolis. Da brachte man einen Taubstummen zu Jesus und bat ihn, er möge ihn berühren. Er nahm ihn beiseite, von der Menge weg, legte ihm die Finger in die Ohren und berührte dann die Zunge des Mannes mit Speichel; danach blickte er zum Himmel auf, seufzte und sagte zu dem Taubstummen: Effata!, das heißt Öffne dich! Sogleich öffneten sich seine Ohren, seine Zunge wurde von ihrer Fessel befreit, und er konnte richtig reden. Jesus verbot ihnen, jemand davon zu erzählen. Doch je mehr er es ihnen verbot, desto mehr machten sie es bekannt. Außer sich vor Staunen sagten sie: Er hat alles gut gemacht; er macht, dass die Tauben hören und die Stummen sprechen.

Das Evangelium sagt nicht einfach, dass der Kranke nach der Heilung wieder reden konnte, sondern er konnte richtig reden. Wie redet man „richtig?“

Franz von Sales hat in seinem Büchlein „Philothea das ganze Kapitel 28 dem Thema „Das lieblose Reden“ gewidmet. Er gibt gute Ratschläge, wie man „richtig“ redet

„Ich beschwöre dich also, niemals, weder offen noch heimlich, von irgendjemand lieblos zu reden. Hüte dich, deinen Mitmenschen fälschlich Verbrechen und Sünden anzudichten, heimlichen nachzuspüren, bestehende zu vergrößern, gute Handlungen schlecht auszulegen und das Gute, das du an jemand kennst, in Abrede zu stellen, durch Bosheit zu verdrehen und durch Worte herabzusetzen. Mit all dem würdest du Gott ernsthaft beleidigen, besonders dann, wenn du den Nächsten zu Unrecht beschuldigst oder zu seinem Schaden die Wahrheit verneinst. Lügen zum Nachteil des Nächsten ist doppelte Sünde.

Besonders raffiniert wirkt das Gift der lieblosen Rede, wenn man ihr ehrende Worte vorausschickt oder sie mit Freundlichkeiten und Scherzworten spickt. "Ich habe ihn gewiss gern, er ist ja auch ein feiner Mensch, aber um die Wahrheit zu sagen, er tat unrecht, eine solche Gemeinheit zu begehen." - "Sie ist gewiss ein anständiges Mädchen, aber sie ist eben überrumpelt worden" und ähnliche Redewendungen. Merkst du die Hinterlist? Wer mit dem Bogen schießen will, zieht zuerst den Pfeil mit aller Kraft zurück, um ihn dann mit umso größerer Wucht abzuschießen. So erwecken auch diese Lästerzungen zunächst den Eindruck, ihre lieblosen Reden zurückzuhalten, um sie dann desto kräftiger loszulassen, damit sie recht tief in das Herz der Zuhörer eindringen.

Die witzige Lieblosigkeit ist die grausamste von allen. Der Schierling ist an sich Gift; er wirkt sehr langsam und man kann leicht Gegenmittel anwenden. Mit Wein genommen ist er aber ein tödliches Gift, gegen das es keine Rettung gibt. So geht auch die üble Nachrede bei einem Ohr hinein, beim anderen hinaus, wie man sagt; sie bleibt aber im Gedächtnis der Zuhörer haften, wenn sie in geschickter, witziger Form gebracht wird. "Sie haben Natterngift auf ihren Lippen'', sagt David (Ps 12,5; 140,4). Der Biss der Natter ist fast unsichtbar, ihr Gift wirkt zuerst angenehm, sodass sich Herz und Gefäße erweitern und das Gift aufnehmen, gegen das es kein Heilmittel mehr gibt. Sag nicht "Der ist ein Trunkenbold'', wenn du ihn einmal betrunken gesehen hast; oder: "Der ist ein Ehebrecher", weil du ihn einmal sündigen sahst. Eine einzige Tat rechtfertigt nicht eine solche Bezeichnung“. …

Vielleicht haben Sie Lust bekommen, das ganze Kapitel zu lesen – oder sogar das ganze Büchlein. Ich kann es nur empfehlen.

Gott segne Sie und Ihre Familie

Edgar Wunsch, Pfr


Kommentare

  1. Oh Ja, ich habe Lust bekommen, dieses Büchlein ganz zu lesen und ich wünsche mir, solche Worte auch in den Sonntagspredigten zu hören - immer und immer mal wieder - in allen Kirchen! Vergelt's Gott für diese Betrachtung.

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