Dunkle und helle Seite des Karsamstags
Dunkle und helle Seite des Karsamstags
Wenn wir in unsere Welt und Kirche
hinein schauen, dann legt es sich uns nahe, in der Heiligen Woche in diesem
Jahr unsere Aufmerksamkeit in besonderer Weise auf das Geheimnis des
Karsamstags zu lenken. Denn er ist der Tag, der unserer Lebenssituation am meisten
entspricht. Die lang andauernde Pandemie, die unsere eingespielten
Lebensgewohnheiten in radikaler Weise in Frage gestellt hat, die schreckliche
Tatsache, dass in Europa wiederum Krieg ausgebrochen ist, die vielen
Krisenerscheinungen in Politik und Wirtschaft und die schwierige Situation
unserer Kirche heute zeigen, dass wir weithin am Karsamstag und damit vor der
Schwelle zu Ostern leben.
Gerade in der Zeit der Vorbereitung
auf Ostern ist es angezeigt, der Herausforderung des Karsamstags standzuhalten.
Denn normalerweise pflegen wir schnell, manchmal sogar zu schnell, vom
Karfreitag, dem Tag des Leidens und Sterbens Jesu Christi, nach Ostern, dem Tag
seiner Auferstehung, zu gehen und den Karsamstag links liegen zu lassen. Der
Karsamstag aber ist der Tag der Grabesruhe Jesu, der Tag der schweigenden Leere
und der Tag der Verborgenheit und des Schweigens Gottes, den wir aushalten
müssen. Diesem spezifischen Charakter trägt die Kirche dadurch Rechnung, dass
sie am Karsamstag keinen Gottesdienst feiert, sondern in Schweigen verharrt.
„Gottesfinsternis“ dürfte das präzise Wort für diesen Tag sein. Jesus ist in unsere Welt gekommen, um den lebendigen und liebenden Gott in unsere Welt zu bringen und sein Reich des Friedens, der Gerechtigkeit und der Liebe anzusagen. Nun aber ist Jesus tot und ist begraben worden. Im Grab Jesu sind auch die grossen Hoffnungen, die die Jünger auf Jesus als den gekommenen Messias gesetzt haben, mit begraben. Auch Gott, sein treuer und barmherziger Vater, scheint Jesus nicht zu retten: ihn, der sich allein Gottes Sohn nennen durfte. Tag des Begräbnisses Gottes: Das ist der Karsamstag. (Durch das Kreuz zum Licht, Kurt Cardinal Koch 2022)
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