Jesus aber bückte sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde
Joh 8, 1–11 5. Fastensonntag
In jener Zeit
1ging Jesus zum
Ölberg.
2Am frühen Morgen begab er sich wieder in den Tempel.
Alles Volk kam zu ihm.
Er setzte sich und lehrte es.
3Da brachten die
Schriftgelehrten und die Pharisäer eine Frau,
die beim Ehebruch ertappt worden war.
Sie stellten sie in die Mitte
4und sagten zu ihm:
Meister,
diese Frau wurde beim Ehebruch auf frischer Tat ertappt.
5Mose hat uns im
Gesetz vorgeschrieben,
solche Frauen zu steinigen.
Was sagst du?
6Mit diesen Worten
wollten sie ihn auf die Probe stellen,
um einen Grund zu haben, ihn anzuklagen.
Jesus aber bückte sich und
schrieb mit dem Finger auf die Erde.
7Als sie hartnäckig
weiterfragten,
richtete er sich auf
und sagte zu ihnen: Wer von euch ohne Sünde ist,
werfe als Erster einen Stein auf sie.
8Und er bückte sich
wieder und schrieb auf die Erde.
9Als sie das gehört
hatten,
ging einer nach dem anderen fort,
zuerst die Ältesten.
Jesus blieb allein zurück
mit der Frau, die noch in der Mitte stand.
10Er richtete sich auf
und sagte zu ihr: Frau, wo sind sie geblieben?
Hat dich keiner verurteilt?
11Sie antwortete:
Keiner, Herr.
Da sagte Jesus zu ihr: Auch ich verurteile dich nicht.
Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!
___________________________
Vor vielen Jahren habe ich einmal auf
dem Lindenberg bei St. Peter eine Predigt über dieses Evangelium gehört, die
ich bis heute nicht mehr vergessen habe. Sie hat sich tief in mir eingeprägt,
und ich möchte sie hier wiedergeben.
Je weiter das Evangelium voranschreitet
und je mehr wir uns dem Osterfest nähernd, desto deutlicher werden die
Tötungsabsichten der Pharisäer. Offen redet die Schrift davon, dass man Jesus
töten möchte. Die Pharisäer suchen nur noch nach einer passenden Gelegenheit
und nach einem Anlass.
Vielleicht bringen die maßgebenden
Leute der Pharisäer aus diesem Grund jene Frau zu Jesus, die beim Ehebruch
ertappt worden war. Sie zerren die Frau in den Tempel, gerade dorthin, wo viel
Volk war, und stellen sie in ihre Mitte. Um sie herum brüllen die Männer mit
den Steinen in den Händen und ganz außen das Volk, das immer zusammenläuft,
wenn es etwas zu gaffen gibt.
Jesus
sollte in eine Sackgasse geführt werden.
Hätte er zugestimmt und gesagt: Ja, es
stimmt, ihr habt recht, die Frau muss gesteinigt werden, dann hätten die Leute
gesagt:
Der ist genauso wie die anderen,
genauso herzlos wie die Pharisäer, das kann nicht der Messias sein. Hätte er
abgelehnt und gesagt: Nein, man darf sie nicht steinigen, dann hätten sie
gesagt: Seht ihr, jetzt haben wir den Beweis: Er hält sich nicht an das Gesetz,
er steht außerhalb, deshalb muss auch er sterben.
Jesus
gibt keine Antwort
Manchmal kann man auf die Fragen der
Menschen keine Antwort mehr geben, es verschlägt einem die Sprache. Vielleicht
hat es Jesus angesichts der Männer, die mit den Steinen in den Händen dastanden
auch die Sprache verschlagen. Man muss sich das einmal vorstellen. Männer mit
einer geballten Wut standen da, zu einem Mord bereit, denn die Steine in den
Händen dieser Männer waren ja schon längst ein Zeichen für ihre steinernen
Herzen. Vielleicht hat es Jesus, angesichts dieser hartherzigen Männer mit
ihrer Wut auch die Sprache verschlagen.
Jesus
schreibt in den Sand
Die Gelehrten haben sich oft gefragt,
was Jesus wohl in den Sand geschrieben hat. Ich kann mir vorstellen, dass
zunächst nur die Sünderin lesen konnte, was Jesus in den Sand geschrieben hat.
Ich kann mir vorstellen, dass Jesus zunächst nur etwas für die Sünderin in den
Sand geschrieben hat. Etwas, was nur sie lesen konnte und was er später auch
den Männern gesagt hat. Ich kann mir vorstellen, dass Jesus in den Sand
geschrieben hat: Deine Sünden sind dir vergeben, gehe hin und sündige nicht
mehr.
Jesus
fragt die Männer
Und dann, als die Männer hartherzig
weiterfragen, dreht Jesus den Spieß einfach um. Er gibt keine Antwort, weil es
keine einfachen Antworten auf die großen Fragen der Menschen gibt. Es gibt hier
keine einfache Antwort mit ja oder nein. Er stellt selber eine Frage. "Wer
von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein." Und in diesem Moment
gewinnen die Männer wieder meine ganze Sympathie, denn sie tun etwas, wozu
viele Menschen heute nicht mehr in der Lage sind.
Die
Reaktion der Männer
Sie sagen: Ja, du hast recht, ich bin
selbst nicht ohne Sünden, wenn ich einmal in mich hineinschaue. Ich habe ja
auch meinen schwachen Punkt, wenn nicht im 6. Gebot, dann woanders. Ich musste
mich eigentlich selbst bekehren, bevor ich meinen Stein auf diese Frau werfe.
Die Männer haben erkannt: Mensch, in meinem Leben gibt es ja auch einen dicken
Hund. Ich bin eigentlich auch ein Sünder vor Gott.
Die
Steine fallen
Einer nach dem anderen ging weg, die
Ältesten zuerst, weil sie vielleicht die weisesten und einsichtigsten sind.
Vielleicht geben diese zuerst zu: Ja, ich bin nun schon so und so alt und wie
viele Sünden und Fehler habe ich in meinem Leben nicht vermeiden können. Einer
nach dem anderen ging weg und man hört ja fast die Steine klappern, wie sie von
den Händen herunterfallen auf den Boden.
Erlösung
Und nun geschieht exemplarisch an
dieser Frau etwas, was mit allen Menschen geschieht, denen sich Gott zuwendet.
Sie schöpfen wieder Zuversicht und können sich auch selbst wieder annehmen. Sie
können ihr Leben wieder akzeptieren, auch wenn es ganz verkehrt war. Die Frau
kann ihr Leben wieder mit neuen Augen sehen und neue Wege gehen. Jesus hat
nicht gesagt, dass der Ehebruch etwas Tolerables ist, darüber gibt es keinen
Streitpunkt. Er hat gesagt: Gehe hin und sündige nicht mehr. Er hat ihr nicht
die Sünde vorgehalten, oder über den Ehebruch diskutiert.
Er hat nur gesagt. Deine Sünden sind
in den Sand geschrieben, gehe hin und sündige nicht mehr. Die Frau kann jetzt
andere Wege gehen als die, die sie vorher gegangen ist, aus welchen Gründen
auch immer.
Auch
für mich
wenn sie vielleicht einmal in ihr
Leben hineinschauen, dann werden sie wie die Männer feststellen, dass sie die
ein oder andere Sünde auch nicht vermeiden konnten. Und wenn sie dann auch
diesen wunderbaren Satz hören möchten denn die Sünderin aus dem Munde Jesu
hörte, dann gehen sie einfach Beichten. Öffnen sie Jesus ihr Herz und der
Priester wird in Persona Christi zu ihnen sagen: deine Sünden sind dir
vergeben.
So einfach ist das. Die Sünden sind
nicht in Stein gemeißelt, sondern sie sind in den Sand geschrieben.
Eine wunderbare Auslegung dieses Evangeliums und dieser einen Stelle mit dem "Schreiben in den Sand" !!!
AntwortenLöschenEndlich kann ich das richtig verstehen.
DANKE