Jetzt bin ich ein Napalie


Rungmook
 ist ein kleiner Ort umgeben von riesigen Plantagen, in denen Tee angebaut wird. Es gibt viele solche Ortschaften hier im Norden Indiens, deren Bewohner fast ausschließlich von der Arbeit im "Teegarden" leben. Täglich, auch bei starkem Regen gehen sie für 8 Stunden an die oft sehr steilen Hänge und pflücken die zarten Triebe des Teebusches. 230 Rupies bekommen sie dafür pro Tag. Ein Hungerlohn, wie ich meine. 230 Rupies das sind gerade einmal 4 €. Das ist zu wenig, um davon eine Familie zu ernähren. Hinzu kommt, dass die Teegenossenschaften, denen die Teeplantagen gehören den Lohn oft verweigern und die armen Tee Pflücker leer ausgehen. Die Menschen sprechen hier von einer neuen Art der Sklaverei.

Umso erstaunlicher ist es, dass sie in diesen Tagen da ich unter ihnen wohnen darf, alles mit mir teilen was sie besitzen. Verschiedene Familien laden mich zum Essen ein und zeigen mir ihr Dorf. Eine Internetverbindung gibt es nicht, darum war ich auch einige Tage offline.

Hoffnungslosigkeit
Wenn ich mit den Jugendlichen spreche und sie nach ihren Zukunftsplänen frage, höre ich eine Hoffnungslosigkeit heraus. Sie haben hier in diesem ländlichen Gebiet nur wenige Chancen einen guten Beruf zu lernen und später zu ergreifen. Es bleibt eigentlich nur der Weg, als Teepflücker in der Abhängigkeit der großen Teegenossenschaften zu arbeiten.

Ronit schließt nächstes Jahr sein Studium im Fach Business ab, ist aber sehr besorgt, ob er in der Nähe einen gute Stelle finden kann. Meist müssen die Jugendlichen aus den Dörfern wegziehen in die großen Städte oder sogar ins Ausland. Marlon, ein Lehrer, verdiente 8000 Rupees im Monat das sind 100 €. Er musste seine Stelle aufgeben, weil die Fahrt- und Übernachtungskosten zur 150 km entfernten Schule für ihn nicht mehr tragbar waren.
Die Mädchen wollen Krankenschwester werden und nicht wenige fragen mich, ob ich ihnen eine Stelle in Deutschland besorgen kann. Zu gerne würden sie der Armut und der Hoffnungslosigkeit entrinnen.
Trotzdem spüre ich keine Verzweiflung bei den Menschen sie leben auf einem sehr niedrigen Niveau ein sehr bescheidenes Leben. Die Katechetin des Ortes drückt es so aus: Wir sind arm aber wir leiden nicht. Ich bin sehr dankbar, dass ich diese Menschen kennenlernen darf.

Kräftezehrendes Klima

Eigentlich hätte die Regenzeit schon zu Ende sein sollen aber auch hier in Indien werden die weltweiten Klimaveränderungen spürbar. Die Temperaturen sind nicht einmal so hoch aber die Luftfeuchte ist extrem. Auch in den Häusern ist die hohe Luftfeuchtigkeit immer zu spüren. Da es keine Klimaanlagen gibt, kann man ihr auch nicht entrinnen.
Mein Körper ist ständig dieser Belastung ausgesetzt was ich auch deutlich spüre. Ich fühle mich matt und schlapp. Morgen fahre ich zurück nach Sonada welches in 2000 Metern über dem Meeresspiegel liegt dort ist es an wesentlich kühler und die Luftfeuchtigkeit ist erträglicher.



Jetzt bin ich ein Napalie
Nach dem Gottesdienst ergriff die Pratima, die Kathechetin des Ortes noch das Wort Obwohl sie in der Sprache der Napalesen redete merkte ich sehr schnell dass ich der Inhalt ihres Berichtes war, denn immer wieder schauten die Leute zu mir und begannen herzhaft zu lachen. Offensichtlich erzählte sie nicht nur wo ich her kam und welche Orte ich schon besucht habe, sonderlich von meinen Unsicherheiten und Missgeschicken die in einer völlig neuen kulturellen Umgebung nicht zu vermeiden sind. Wenn man so leicht die Menschen zum Lachen bringen kann, dann hoffe ich, dass mir noch einige Missgeschicke passieren.

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