Entwischt - ich habe es geschafft!

Seit einer Woche bin ich nun schon im Generalat in Chennai. Die Schwestern umsorgen und kümmern sich um mich mit Hingabe, Freundlichkeit und Geduld. Ich bräuchte eigentlich einen zweiten Magen, um all die Köstlichkeiten zu essen die sie mir rund um die Uhr anbieten: Süßigkeiten, Früchte, Kaffee, indische Spezialitäten… und das alles in Hülle und Fülle.

Sehr besorgt sind die Schwestern, wenn es um meine Sicherheit geht. Möchte ich auch nur 50 m außerhalb des Generalates bis zum "Zuckerrohrmann" gehen, um mir ein Glas frisch gepresstes Zuckerrohrwasser zu kaufen werde ich schon von einer Schwester begleitet oder von dem Fahrer mit dem Auto die 50 m gefahren. Es sei sehr gefährlich und anstrengend, zu Fuß zu gehen - meinen die Schwestern.

Aber heute bin ich ihrer Fürsorge entwischt.

Die Schwestern hatten ein internes Treffen und diese Gelegenheit schien mir günstig, unbemerkt durch das große Eingangstor zu gelangen um für eine Stunde alleine die Straßen von Chennai zu erobern. Der Wächter an der Tür würde mich sicherlich nicht aufhalten.

Wie sich Jugendliche nachts still und heimlich und unbemerkt von den Eltern noch aus dem Haus zu schleichen versuchen, so schaute auch ich mich zunächst vorsichtig nach links und rechts um, bevor ich mein Zimmer verließ. Keine Schwester zu sehen! Jetzt flott, flott, schnell zum Tor. Diese Gelegenheit musste ich beim Schopfe packen.

Mein Vorhaben scheiterte jedoch kläglich. Bereits nach 15 Schritten hörte ich hinter mir schon das vertraute: Father, where are you going to? Just in dem Moment als ich mein Zimmer verließ hatten zwei Schwestern den Versammlungsraum verlassen und sofort geahnt was ich im Schilde führte. "Father, come and drink a coffee". Mit diesem Plan wollten die Schwestern mich von meinem Vorhaben ablenken.

Nun, der Kaffee hat mir gutgetan und als die Schwestern dann doch wieder in den Versammlungsraum zurück mussten habe ich so schnell ich konnte diese letzte Chance ergriffen und bin durch das Tor in die weite Welt entwischt. Es war unheimlich interessant in dem Straßengewirr all die vielen Menschen zu beobachte. Für 550 Rupien (6 €) habe ich mir in einem kleinen Shop ein knallrotes Hemd gekauft.

Wie eine Trophäe habe ich dann dieses Hemd nach meiner Rückkehr im Kloster getragen. Das Hemd war wie ein Siegeszeichen: Schaut her, ich habe es geschafft. Ich habe mich nicht verirrt und ich habe es sogar geschafft ein indisches Hemd zu kaufen. Hurra.

Allerdings muss ich zugeben, dass, ich ohne eine gute Google Navigation den Weg zurück wohl nicht mehr gefunden hätte.

 

 

Kommentare

  1. Herzlichen Glückwunsch zum roten Hemd. Steht Ihnen gut. Weiterhin tolle Erlebnisse und eine gute Zeit. Freue mich Ihre weiteren Berichte zu lesen.

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Was Harry Potter mit der Schweigespirale in unserer Gesellschaft zu tun hat.

Sternsinger nur mit weißer Hautfarbe?

Evangelium vom nächsten Sonntag - Taufe des Herrn

Die Seelsorgeeinheit des heiligen Paulus

Es gibt keinen Gott außer mir.

Bahnt für den Herrn einen Weg durch die Wüste.

Der Geist des Herrn lässt sich nieder auf ihm.

Was mir vor Augen stand, erschreckte mich.

Ich werde dir helfen.