Der synodale Prozess in Deutschland ist auf dem Holzweg

 30 So B    Mk 10, 46b–52

In jener Zeit, als Jesus mit seinen Jüngern und einer großen Menschenmenge Jéricho verließ, saß am Weg ein blinder Bettler, Bartimäus, der Sohn des Timäus. Sobald er hörte, dass es Jesus von Nazaret war, rief er laut: Sohn Davids, Jesus, hab Erbarmen mit mir! Viele befahlen ihm zu schweigen. Er aber schrie noch viel lauter: Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir! Jesus blieb stehen und sagte: Ruft ihn her! Sie riefen den Blinden und sagten zu ihm: Hab nur Mut, steh auf, er ruft dich. Da warf er seinen Mantel weg, sprang auf und lief auf Jesus zu. Und Jesus fragte ihn: Was willst du, dass ich dir tue? Der Blinde antwortete: Rabbúni, ich möchte sehen können. Da sagte Jesus zu ihm: Geh! Dein Glaube hat dich gerettet. Im gleichen Augenblick konnte er sehen und er folgte Jesus auf seinem Weg nach.


Ich bringe diese Erzählung vom blinden Bartimäus in Zusammenhang mit dem in der katholischen Kirche in Deutschland derzeit ablaufenden synodalen Prozess. Ich denke, dass Sie alle schon von diesem Prozess, der die Kirche in Deutschland reformieren soll, gehört haben. Bartimäus, der blinde Bettler und der synodale Prozess ist das nicht weit hergeholt: Ich glaube nicht.

 

Da ist also Bartimäus.

Er ist blind. Er sitzt am Straßenrand. Eines Tages, als er hört, dass eine Menschenmenge sich nähert und dass Jesus unter der Menge ist, beginnt er laut nach Jesus zu rufen. Was ruft er? Er ruft: Jesus, Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir. Er ruft nicht um Geld, er bittet Jesus um sein Erbarmen. Die Leute ermutigen ihn, ein paar Schritte auf Jesus zuzugehen, sie bringen ihn zu Jesus, und im Grunde machen sie nichts anderes als zu Evangelisieren. Sie führen den Blinden zum Heiland und am Ende des Evangeliums lesen wir, dass er Jesus folgte. Er war zum Jünger geworden, der Jesus nachfolgt. Wir lesen nicht nur von einer Heilung, sondern auch von einer gelungenen Evangelisation. Die Leute bringen ihn zu Jesus und von nun an gehört er auch zur Pilgergruppe, die auf dem Weg nach Jerusalem ist.

 

Papst Franziskus

hat in seinem Brief an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland am Beginn des Synodalen Weges genau diesen Punkt der Evangelisation besonders betont und herausgehoben. Er schreibt:

„Es ist notwendig, den Primat der Evangelisierung zurückzugewinnen, um die Zukunft mit Vertrauen und Hoffnung in den Blick zu nehmen…. Die … Evangelisierung ist keine Taktik kirchlicher Neupositionierung in der Welt von heute, … die die Kirche an den Zeitgeist anpasst, sie aber ihre Originalität und ihre prophetische Sendung verlieren lässt. Nein, die Evangelisierung ist ein Weg der Jüngerschaft in Antwort auf die Liebe zu Dem, der uns zuerst geliebt hat; ein Weg also, der einen Glauben ermöglicht, der mit Freude gelebt, erfahren, gefeiert und bezeugt wird. Die Evangelisierung führt uns dazu, die Freude am Evangelium wiederzugewinnen, die Freude, Christen zu sein.“

 

Evangelisierung und synodaler Prozess???

Ich habe noch nirgends gelesen, dass im synodalen Prozess der Evangelisierung, wie von Papst Franziskus gewünscht eine besondere Bedeutung zukommen soll, stattdessen lese ich jetzt, dass man in den Gremien darüber diskutieren möchte, ob das geweihte Priesteramt innerhalb der katholischen Kirche noch notwendig ist. Das Forum soll sich mit der Frage auseinandersetzen, ob es das Priesteramt überhaupt noch braucht. Ich bin Priester und ich bin es gern. Bin ich aber, um es überspitzt zu sagen, nach der Synode ein auslaufendes Modell? Werde ich dann nicht mehr gebraucht?

 

Bischof Betram Meier aus Augsburg schreibt:

„Wollen wir unsere Hirten künftig nur noch demokratisch wählen und auf Zeit einsetzen, um ihnen bei Bedarf ebenso per Mehrheitsvotum wieder das Vertrauen entziehen zu können? Bischöfe auf Zeit?! Wenn wir ernsthaft eine Kirche ohne Weiheamt anstreben, läuten wir uns selbst die Sterbeglocke: Selbstabdankung der Bischöfe, Priester und Diakone. Das möge Gott verhüten!

Was ist eine Kirche ohne (die Autorität von) geweihten Amtsträgern wert? Was richtet sie aus im öffentlichen und politischen Diskurs? „Sie taugt zu nichts mehr, sie wird weggeworfen und von den Leuten zertreten.“ (vgl. Mt 5,13) Ich bin überzeugt: Wenn wir eine Kirche ohne sakramentales Amt wollen, brechen wir ihr das Genick. Sie wird gebückt, verkrümmt, geht weder aufrecht noch aufrichtig ihren Weg. Sie hat keine Kraft mehr, gegen den Strom zu schwimmen. Sie wird mitgerissen von den Wellen der gängigen Meinungen.

Denken wir es weiter! Müsste ein Pfarrer, ein Bischof, der Papst sein Wirken an den Applaus von Mehrheiten knüpfen, wohin würde das führen? Stellen wir uns vor, wie es unserem Erlöser im Heiligen Land ergangen wäre, wenn er bei den Aposteln vorher hätte abstimmen lassen, ob er den Kreuzweg gehen soll. Mein Kirchenpolitbarometer liefert mir die Prognose: 12 zu 1 gegen Jesus.

Brechen wir eine Lanze für die Weltkirche, bleiben wir ihr treu! Liebäugeln wir nicht mit nationalen Sonderwegen!

Am deutschen Wesen wird die Weltkirche sicher nicht genesen. Seien wir ehrlich: Die Pandemie hat gezeigt, was die Menschen wirklich von der Kirche erwarten: Begleitung, Nähe und Trost. Das dürfen wir ihnen nicht vorenthalten. Ich wünsche mir, dass mein eigenes Leben, mein Dienst als Bischof immer evangeliumsgemäßer wird – in einem Rahmen, der katholisch ist und bleibt. Wir alle dürfen nicht schlafen, um uns dann beim Erwachen verdutzt die Augen zu reiben, weil sich die katholische Kirche auf dem Synodalen Weg in eine de facto evangelische Landeskirche transformiert hat.“

 

Sich zu Wort melden

Was macht Bartimäus, nachdem man ihm gesagt hat: Dein Schreien nach Jesus bringt nichts, sei doch still.

Bartimäus ruft (schrie) noch lauter. Bartimäus lässt sich nicht beirren. Er schrie noch viele lauter. Vielleicht sollten jene, die noch treu zur katholischen Kirche deutlicher sich zu Wort melden. Vielleicht sind wir zu still. Man darf, nein, man sollte auch das Rückgrat haben zum katholischen Proprium in einer Multi Kulti Welt zu stehen.

Ich möchte am Schluss noch einmal wiederholen, was Papst Franziskus an das Pilgernde Volk Gottes in Deutschland geschrieben hat.

„Die Evangelisierung ist ein Weg der Jüngerschaft in Antwort auf die Liebe zu Dem, der uns zuerst geliebt hat; ein Weg also, der einen Glauben ermöglicht, der mit Freude gelebt, erfahren, gefeiert und bezeugt wird. Die Evangelisierung führt uns dazu, die Freude am Evangelium wiederzugewinnen, die Freude, Christen zu sein!

Gott segne Sie,

Edgar Wunsch, Pfr

 

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