Vater unser, gib uns unser tägliches Brot
„ICH“ oder „WIR“
Es gibt eine beeindruckende Abwesenheit im Text des
„Vaterunser“. Es fehlt ein Wort“! Bevor Sie weiterlesen, fragen Sie sich
einmal: Welches Wort fehlt im Vater unser? Es ist ein Wort, das in unserer Zeit
ganz wichtig ist, ein Wort, das in unserer Zeit nicht fehlen darf.
„Du“ und „Dein“
Es fehlt das Wort „ich“! Im „Vater unser“ kommt das
Wort „ich“ nicht vor. Da kommt zuerst das Wort „du“! Dein Reich, dein Name,
dein Wille geschehe. Im Vaterunser beten wir nicht: Mein Reich, mein Name, mein
Wille, sondern: Dein Reich, dein Wille….
„Wir“ und „unser“
Und danach geht das Gebet über in das „wir“ und
„unser“. Auch im zweiten Teil des Vaterunsers beten wir nicht in der „Ich“ Form.
Wir beten: Unser Brot, unsere Schuld, führe uns nicht in Versuchung, befreie
uns vom Bösen.
Niemand bittet nur für sich: Gib mir das Brot. Nein,
wir beten für alle. Gibt uns das Brot, das wir brauchen. Vergessen wir das
nicht: im Vater unser Gebet fehlt das Wörtchen „ich“.
Warum ist das wichtig? Nun, es ist wichtig, weil es keinen Individualismus vor Gott gibt. Wir können nicht nur unsere eigenen Probleme vor Gott ausbreiten, so als wären wir die einzigen auf der ganzen Welt. Es gibt kein Gebet, das nicht vor Gott aufsteigt, das nicht auch ein Gebet der Brüder und Schwestern um mich herum ist. Wir sind eine Gemeinschaft. Wir sind eine Familie, die miteinander betet.
Wir
Jemand hat einmal gefragt: Was ist das Gegenwort zu
„ich“? Spontan würde ich antworten: Das Gegenteil von „ich“, das ist „du“. Aber
wenn wir sagen: Das Gegenwort von „ich“, das ist „du“, dann beginnen schon die
Gegensätze und dann beginnen auch gleich die Kriege. Darum: Das Gegenwort von
„ich“ ist „wir“.
Im Gebet trägt der Christ die Nöte und Sorgen der
ganzen Welt zu Gott. Wenn du am Abend betest, dann trage zu Gott all die
Menschen, die dir heute begegnet sind, denn auch sie haben ihre Sorgen im
Herzen. Schiebe sie nicht weg, sondern bringe sie zu Gott. Wenn wir die
Menschen um uns herum vergessen, wenn wir Ihre Tränen nicht mehr sehen, dann
bedeutet es, dass unser eigenes Herz eigentlich zu Stein geworden ist. Darum
müssen wir Gott um ein weiches Herz bitten, dass es die Nöte, die Sorgen, die
Einsamkeit, die Probleme der Welt um uns herum spürt und vor Gott bringen kann.
Edgar Wunsch, Pfr
Schrifttext vom 17. Sonntag C Lk 11, 1–13
1Jesus betete einmal an einem Ort;
als er das Gebet beendet hatte,
sagte einer seiner Jünger zu ihm: Herr, lehre uns beten,
wie auch Johannes seine Jünger beten gelehrt hat!
2Da sagte er zu ihnen: Wenn ihr betet, so sprecht:
Vater, geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
3Gib uns täglich das Brot, das wir brauchen!
4Und erlass uns unsere Sünden;
denn auch wir erlassen jedem, was er uns schuldig ist.
Und führe uns nicht in Versuchung!
5Dann sagte er zu ihnen:
Wenn einer von euch einen Freund hat
und um Mitternacht zu ihm geht
und sagt: Freund, leih mir drei Brote;
6denn einer meiner Freunde, der auf Reisen ist,
ist zu mir gekommen
und ich habe ihm nichts anzubieten!,
7wird dann der Mann drinnen antworten: Lass mich in Ruhe,
die Tür ist schon verschlossen
und meine Kinder schlafen bei mir;
ich kann nicht aufstehen und dir etwas geben?
8Ich sage euch:
Wenn er schon nicht deswegen aufsteht
und ihm etwas gibt,
weil er sein Freund ist,
so wird er doch wegen seiner Zudringlichkeit aufstehen
und ihm geben, was er braucht.
9Darum sage ich euch:
Bittet und es wird euch gegeben;
sucht und ihr werdet finden;
klopft an und es wird euch geöffnet.
10Denn wer bittet, der empfängt;
wer sucht, der findet;
und wer anklopft, dem wird geöffnet.
11Oder welcher Vater unter euch,
den der Sohn um einen Fisch bittet,
gibt ihm statt eines Fisches eine Schlange
12oder einen Skorpion, wenn er um ein Ei bittet?
13Wenn nun ihr, die ihr böse seid,
euren Kindern gute Gaben zu geben wisst,
wie viel mehr wird der Vater im Himmel
den Heiligen Geist denen geben, die ihn bitten.
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