Die Heilige Familie?

 

Hl. Familie Lk 2, 41–52

41Die Eltern Jesu
gingen jedes Jahr zum Paschafest nach Jerusalem.
42Als er zwölf Jahre alt geworden war,
zogen sie wieder hinauf, wie es dem Festbrauch entsprach.
43Nachdem die Festtage zu Ende waren,
machten sie sich auf den Heimweg.
Der Knabe Jesus aber blieb in Jerusalem,
ohne dass seine Eltern es merkten.
44Sie meinten, er sei in der Pilgergruppe,
und reisten eine Tagesstrecke weit;
dann suchten sie ihn bei den Verwandten und Bekannten.
45Als sie ihn nicht fanden,
kehrten sie nach Jerusalem zurück und suchten nach ihm.
46Da geschah es, nach drei Tagen fanden sie ihn im Tempel;
er saß mitten unter den Lehrern,
hörte ihnen zu
und stellte Fragen.
47Alle, die ihn hörten, waren erstaunt
über sein Verständnis und über seine Antworten.
48Als seine Eltern ihn sahen, waren sie voll Staunen
und seine Mutter sagte zu ihm:
Kind, warum hast du uns das angetan?
Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht.
49Da sagte er zu ihnen:
Warum habt ihr mich gesucht?
Wusstet ihr nicht,
dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört?
50Doch sie verstanden das Wort nicht, das er zu ihnen gesagt hatte.
51Dann kehrte er mit ihnen nach Nazaret zurück
und war ihnen gehorsam.
Seine Mutter bewahrte all die Worte in ihrem Herzen.
52Jesus aber wuchs heran
und seine Weisheit nahm zu
und er fand Gefallen bei Gott und den Menschen.

Auch heute folge ich einer Predigt von Bischof Stefan Oster

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Wir begehen den Sonntag der Heiligen Familie. Für die meisten von uns, die wir katholisch beheimatet sind, klingt diese Bezeichnung sehr selbstverständlich „die Heilige Familie“. Aber wer sich heute nur ein wenig in der Gesellschaft umhört und umsieht, der weiß, dass das in den Ohren von nicht wenigen Menschen anstößig klingt. „Die Heilige Familie“, die noch dazu als Vorbild für die christlichen Familien dargestellt wird – das klingt in den Ohren von vielen Menschen als reaktionär. Maria, Josef und Jesus stehen für das Vorbild einer Familie, die zuerst fromm ist und, wie im heutigen Evangelium geschildert, gleich in den Tempel geht, um religiöse Vorschriften zu erfüllen. Und dann ist es eine Familie in der klassischen Zusammensetzung von Mama, Papa, Kind, indem es scheint, dass der Papa als Zimmermann arbeitet und die Mama brav daheimbleibt und das Kind großzieht. Und das Ganze wird dann also als „heilig“ dargestellt, daher auch als unantastbar.

Ist nur das Normale heute normal – oder noch viel mehr? Dabei, so das Argument von vielen, zeige doch die Entwicklung unserer Gesellschaft, dass wir das alles längst hinter uns haben. Sehr viele Familien seien erstens längst nicht mehr fromm und zweitens gebe es das klassische Bild von Mama, Papa, Kind oder Kindern immer weniger. Dafür gibt es Patchwork, Kinder als Geschwister verschiedener Elternpaare, die sich in verschiedenen Variationen zusammenfinden. Es gibt viele Alleinerziehende, auch viele Singles, es gibt schwule und lesbische Paare mit und ohne Kinder. Es gibt auch Familien, in denen mehr als zwei Erwachsene die Elternrolle übernehmen. Und all das, so sagt man, stehe doch mindestens gleichberechtigt neben dem klassischen und vor allem noch religiös geprägten Bild von der ach so heiligen Familie. All diese anderen Modelle seien inzwischen ebenso normal Familie, deshalb soll nicht ein einziges Modell die Norm sein für alles andere.

 

Gibt es nur Mann und Frau?

Dazu kommt: Ist es heute überhaupt eindeutig, wer Mann oder Frau ist. Gibt es nicht in der Gesellschaft eine einflussreiche Gender-Bewegung, die uns verstehen lassen will, dass es längst nicht mehr nur Männer und Frauen gibt. Vielmehr gibt es jetzt auch in unserem Land vom Verfassungsgericht bestätigt, die Möglichkeit, sich im Geburtenregister weder als männlich noch als weiblich, sondern als „divers“ eintragen zu lassen. Und auch deswegen, so sagt man, sei das überlieferte Bild einer traditionellen Familie heute überholt. Wir sehen, wie sehr sich in wenigen Jahren die Welt verändert hat, wie sich unsere Gesellschaft verändert hat – im Blick auf das, was Familie und Zusammenleben heißt.

 

Lehre der Kirche

Liebe Schwestern und Brüder, ich glaube und vertraue der Lehre der Kirche über Familie, über Mannsein und Frausein und Sexualität. Ich halte die Lehre der katholischen Kirche für wahr und für das Normale - die Familie von Mann, Frau und Kind(ern). Aber ich glaube auch, dass wir die Größe und Komplexität der Fragen und Probleme, denen wir heute in unserer Kultur begegnen, schon lange nicht mehr einfach ganz schnell auf die Seite wischen können. Und schon gar nicht können wir auf die Schnelle sagen: „Sünde, Todsünde – mit dir will ich nichts zu tun haben!“ Das wäre zu schnell, zu einfach, zu verletzend. Ich glaube und halte dafür, dass wir in der Begegnung mit Menschen, die über diese Dinge anders denken und anders leben als der Katechismus oder die Bibel sagen, zunächst einmal Hörende sein müssen, Offene, Mitgehende, Annehmende, Menschen, die verstehen wollen – im besten Fall wirklich Liebende. Ich glaube nämlich zutiefst, dass Gott für jeden Menschen, ob er schwul, lesbisch, trans-, inter- oder einfach heterosexuell ist, Pläne des Heils hat. Und zugleich ist jeder von uns allen heilsbedürftig, erlösungsbedürftig.

 

Der Sieg der Wahrheit ist die Liebe

Deshalb, liebe Schwestern und Brüder: Die Wahrheit, der wir glauben, die ist an Weihnachten für uns in eine Familie hineingeboren worden. Jesus Christus. Und heute ist das Fest der Heiligen Familie, mit all den Fragen, die sich in der modernen Welt mit der Bezeichnung „Familie“ hiermit ergeben. Ich glaube die Wahrheit unserer Lehre, aber ich glaube auch, dass diese Wahrheit nicht zuerst eine Lehre ist, sondern zuerst eine lebendige, göttliche Person ist, die aus Liebe zu allen Menschen Mensch geworden ist, für sie gestorben ist, vor allem für die Sünder, für uns Sünder. Und wer von dieser Liebe berührt wird, dem kann es möglich werden, nach und nach auch seine Wahrheit von innen her zu sehen – und hoffentlich auch in Freiheit anzunehmen. Einstweilen bleibt uns – so gut es geht allen Menschen Weggefährten zu sein, wenn sie es wollen, was auch immer sie über unsere Lehre denken. Und wenn wir Christen gefragt werden, warum wir leben, wie wir leben, dann können wir auf den Herrn verweisen und auf sein Evangelium. Uns ist es aufgetragen, allen Menschen ausnahmslos mit Liebe zu begegnen.

Denn die Wahrheit der Kirche siegt letztlich nur als Liebe. Amen

 

 

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