4. Sonntag in der Osterzeit: Joh 10, 27–30 - Betrachtungen zum kommenden Sonntagsevangelium
Während der Woche stelle ich hier Vers für Vers das Evangelium für kommenden Sonntag vor. Bitte machen Sie sich aber auch selbst Gedanken über den Bibeltext. Sie finden ihn links in der Spalte oder unter:
Lk 15, 3-7 Der gute Hirte sucht die
verlorenen Schafe. (Herz-Jesu-Fest)
Joh 10, 1-8 Ich bin die Tür zu den
Schafen. (Lesejahr A)
Joh 10, 11-18 Der gute Hirte gibt sein
Leben für die Schafe (Lesejahr B)
Joh 10, 27-30 Ich gebe meinen Schafen
ewiges Leben. (Lesejahr C)
Meine
Schafe …
Jesus ist der gute Hirte und wir sind
seine Schafe. Warum werden die Christen eigentlich mit „Schafen“ verglichen und
nicht mit schnellen Geparden oder mit starken Elefanten? Christen sind wie
Schafe, die blind einem Hirten folgen. Aber wer möchte eigentlich in unserer
modernen Welt ein Schaf sein? Was wäre, wenn ich einmal bei einem Vortrag nicht
sagen würde: Sehr geehrte Damen und Herren, sondern „liebe Schafe“? Kann man
mit einer solchen Botschaft heute überhaupt noch Menschen für den christlichen
Glauben gewinnen?
Ein
Insiderbegriff
Das Ende von Kapitel neun endet mit
einer Auseinandersetzung mit den Juden. Die Juden kennen das Alte Testament und
wissen um die Bedeutung des Schafes.
- Seit Jahrtausenden ist das Schaf ein Kultobjekt. Abraham, Stammvater der drei monotheistischen Religionen, musste seinem Gott doch nicht den eigenen Sohn opfern, in letzter Sekunde reichte ein Lamm.
- Vor dem Auszug aus Ägypten strichen die Israeliten das Blut frisch geschlachteter Jungtiere an die Türpfosten, damit der Todesengel ihre Häuser verschone - Ursprung des jüdischen Pessachfests.
- Ein Schaf war ein klassisches Opfertier im Tempel.
- Jesaja, der große Prophet, wählt das Schaf als Vergleich für den Gottesknecht, der die Schuld des ganzen Volks Israel auf sich lädt. (Er wurde misshandelt und niedergedrückt, aber er tat seinen Mund nicht auf. Wie ein Lamm, das man zum Schlachten führt, und wie ein Schaf angesichts seiner Scherer, so tat auch er seinen Mund nicht auf. Jes 53,7)
Die Juden, denen Jesus mit dem Gleichnis vom guten Hirten antwortet, waren theologische „Insider“. Ich weiß darum nicht, ob es klug ist, mit dem Gleichnis vom guten Hirten für den christlichen Glauben zu werben. Man kann nicht sagen: Komm zu uns, werde ein Christ, dann wirst du auch so etwas wie ein Schaf und Jesus passt auf dich auf.
Aber wir Christen wissen,
dass Jesus mit dem Bildwort des guten Hirten die völlige Abhängigkeit des Schafes von seinem Hirten ausdrücken wollte. So wie die Schafe die Stimme ihres eigenen Hirten hören und ihm folgen, so folgen die Gläubigen Christus.
Die Beziehung eines Hirten zu seinen Schafen ist ein wertvoller Vergleich der Beziehung zwischen Christus und einem Christen. Der Ausdruck "Meine Schafe" weist auf die enge Verbindung hin, die zwischen Christus und den Gläubigen besteht.
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Wer Jesus
nicht kennt, hat sicherlich kein großes Interesse daran, eines seiner Schafe zu
werden. Aber wer weiß, dass er eines der Schafe Christi ist, hat keinen Grund,
sich zu schämen. Im Gegenteil, er darf froh und dankbar sein, dass er einen so
guten Hirten hat, der für ihn oder für sie da ist.
Morgen geht es mit der Auslegung des
Evangeliums weiter
Gott segne Sie,
Edgar Wunsch, Pfr
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